Eine Chronik der Stadt
Die letzten Jahre 3135 - 3138

Das letzte Jahr der Ära Al'Ferdl

In seinem letzten Jahr regierte der "Kalif der Herzen" betont erlassorientiert und damit recht erfolgreich vorbei an den Familien- und Gildenräten. Insbesondere war er bekannt für spontante ad hoc Edikte (wie etwa den Jasminerlass), die ein vom Hofe frequentiertes Frühstückscafe nicht selten in eine legislative Wirkstätte verwandelten. Einem wirtschaftlichen Engpass im Jahre 3135 begegnete er wirksam mit einer ambitionierten Agenda 3040, die unter anderem intensive Aufwertungsmaßnahmen des Hafenviertels vorsah. Als letzte große Herausforderung seiner Regentschaft muß die Steuerung der Stadt durch die spirituellen Unruhen der Nacht der blutigen Träume und ihren realen Manifestationen gelten (siehe dort).

"Der Kalif ist tot. Es lebe der Kalif!", Ächtung der Funghi

Die Stadt feierte die Ankunft einiger Expeditionsschiffe, auf denen sich lang erwartete Heimkehrer befanden. Einer von diesen, ein Mitglieder der Familie Funghi, rief sich zur allgemeinen Verwirrung im Laufe der Nacht zum neuen Kalifen aus. Die angespannte Stimmung schlug in Gewalt um, als der Leichnam des Kalifen entdeckt wurde. Es folgte, was der Nachrichtendienst Al'Mossad treffend als einen Funghizid bezeichnete. Von allen Mitgliedern dieser Familie, die in der Stadt weilten, gelang nach Auskunft informierter Kreise nur einem die Flucht.

Trotz des plötzlichen Eintretens dieser machtpolitischen Kopflosigkeit, einigten sich die versammelten Räte zügig und kürten den Hohepriester und Großwesir Malid al Safi zum Erben des Kalifats. Er unternahm bisher einige Umstrukturierungen in seinem Wesirstab, insbesondere richtungsweisend die Ernennung des bis dahin politisch eher unauffälligen Publizisten Mana-Ger Al'Kart-Uhn zum neuen Großwesir.

Die Nacht der Blutigen Träume

Für viele bestand das erste Anzeichen dohenden Unheils im gemeinsame Erscheinen des Kalifen und des Hohepriesters zu einer außerordentlichen Rede. Solches war bislang nur Feiertagen oder Messen vorbehalten. Hier hörte die Stadt zum ersten Mal von den Nächten blutiger Träume. Informierten Kreisen zufolge war die Priesterschaft etwas beunruhigt aufgrund ungünstiger Omen, die einigen lieber vergessenen Legenden und Prophezeiungen neue Aktualität verschafften. Die Details sind wohl den Männern des Geistes vorbehalten, doch hier ist die Geschichte, wie man sie sich auf den Strassen zusammenreimt.

Es war einmal.. ..ein böser Großwesir und Hohepriester, der sich zum Tyrannen über die Stadt aufschwang. Dieser, Al'Kazir mit Namen, hatte mit einem bösen Fürsten der Dschinn einen Pakt geschlossen, der nun blutige Menschenopfer verlangte. Nach einiger Zeit rebellierte das geschundene Volk und stürzte die Stadt in einen Bürgerkrieg, in dem der rechtmässige Kalif schliesslich den Sieg davontrug. Der Tyrann jedoch verfluchte die Stadt noch von seinem Scheiterhaufen herab und prophezeite seine Rückkehr. Jener Fluch erfüllte sich nun im Jahre 3135, als die Bürger der Stadt in einer Nacht besessen von den Geistern jener alten Schlacht gezwungen waren, noch einmal um das Siegel der Stadt zu kämpfen. Nicht zuletzt dank der Bemühungen eingweihter Kreise um den Hofstaat gelang es, Al'Kazir den Sieg in dieser Nacht zu verwehren. Jedoch blieb bisher im Dunkeln welche der übrigen Parteien die Schlacht gewann und ob, und wenn ja, welche Folgen hier zu fürchten sind. Zumindest stand hiernach das Siegel der Stadt für eine gute Weile unter der strengen Aufsicht der Stadtwache.

Freischaffende Seeleute in Baltopolis

Nach einigem hin und her hat sich die politische Waage am Hofe offenbar zugunsten einer laisser-faire Haltung gegenüber freischaffenden Seemannstum geneigt. Wurde zuletzt noch ein als Feuerbart bekannter Hochsee-Entrepreneur in eigener Sache in Baltopolis öffentlich hingerichtet, integrierte sich die Mannschaft des Käpt'n Kotze Jochen, ebenfalls ein unabhängig operierender Liberalmerkantile zu Schiff, recht ordentlich ins Stadtleben. Über etwaige Übereinkommen mit dem Hofe wurde von amtlicher Seite nichts publiziert.

Das schwarze Viertel und die Botschaft Toroshs

Das kleine, der Stadt vorgelagerte, "schwarze" Viertel erfreute sich unter den Stadtbewohnern nicht immer des besten Rufes. Der Botschafter von Torosh jedoch genoss durchaus die exklusive Lage seiner diplomatischen Vertretung und die diskrete Nachbarschaft. Diese bestand bis vor Kurzem aus dem Toroshianischen Handelskontor der Gebrüder Zahudi, sowie einem Alchemielaboratorium, dessen Standort in Abstimmung mit stadtsicherheitlichen Interessen gewählt worden war. Insbesondere zwei Ereignisse, deren Hintergründe nicht vollständig geklärt sind, führten vor drei Jahren zu einer Verweisung des Viertels: Die plötzliche Abreise des toroshianischen Botschafters und eine Explosion im Laboratorium, die neben dem wissenschaftlichen Bau selbst auch das Zahudische Handelskontor verwüstete. Darüberhinaus verschwand der Leiter des Letzteren ebenfalls unter Umständen, deren Offenlegung uns im Hinblick auf diplomatische Immunität nicht angeraten erscheint.

Familien

Durch die Aufnahme der Al'Fayed in den Familienrat sowie die Ächtung der Funghi hat sich das interfamiliäre Machtgefüge der Stadt verschoben. Zu den großen Familien am Platze zählten zu Beginn der Regentschaft des neuen Kalifen Malid al Safi die Superinglese, die Al'Fayed, die Al'Mossad sowie die Cupidicis.


Die Jahre 3085 - 3135

Die letzten fünzig Jahre. Dies ist in etwa die Zeit, an die sich vergessliche Geist des Menschen noch erinnern mag. Alles davor Geschehene wandelt sich schnell zur Legende oder zu einer Gute-Nacht-Geschichte. Doch hier nun sei jüngere Geschichte der Stadt beschrieben, die doch zuvorderst das gegenwärtige Gesicht der Stadt bestimmt und prägt.

Hofgeschichten - Heiratsnöte
Wir erinnern uns an vor zehn Jahren als die Wahl eines neuen Kalifen anstand. Der Familienrat zelebrierte wieder einmal das traditionsreiche Ritual nicht enden wollenden Ränkespiels und Kandidatengeschachers. Schliesslich einigte man sich auf einen "Familienlosen" angehörigen der Priesterschaft. Gemütlich und bedacht steuerte der Kalif Al-Ferdl-ebn-dalai-laam-al-kaba-ibn-do-di-dum die Stadt durch die letzten 10 Jahre und wurde vor einem Jahr mit großer Mehrheit in seinem Amt bestätigt (Die Antrittsrede des Kalifen). Doch, ach, noch immer ist er ohne Weib! Das sorgt natürlich für Gerede, und ist es nicht langsam an der Zeit? Eifersüchtig belaueren und beäugen sich die Schönen Töchter der Stadt, deren größte Furcht es nunmehr ist, auf den höfischen Festivitäten schlecht platziert oder gar nicht geladen zu sein. Oder mag gar eine ausländische Prinzessin das Rennen machen? Mißtrauisch beobachtet man den Wesir für Äußere Angelegenheiten, der angeblich dem Kalifen rät "außer Haus" zu heiraten.


Die Familien - Les nouveaux riches..
Wer hätte das gedacht? Es mag noch Bewegung geben in familiären Machtgefüge. In den letzten Jahren drang die während des Handelkreiges von 2938 aus Arriba eingewanderte Familie Al Fayed zunehmend energischer in die Ränge derer mit Rang und Namen in der Stadt. Als mittlerweile traditionelle Gildenmeister der Gilde aller Schankwirte, Pizzabäcker, Pizzaboten und Köche in Baltopolis gewannen sie schnell an wirtschaftlichem Einfluss. Als sie vor 24 Jahren die Gilde der Meuchler vor dem Bankrott retteten, gab es an der Stellung der "nouveaux riches" aus Arriba nichts mehr kleinzureden. Dennoch kämpfen die Al Fayeds nun bereits seit einiger Zeit um die Aufnahme in den Familienrat. Gegner sind nicht zuletzt einige alteingesessene Familien, die ihre Macht nur ungerne verwässert sähen. Die politische Elite erwartet gespannt die nächste Sitzung des Familienrates, in dem beide Seiten zu einem Plädoyer aufgerufen sind.


Aussenpolitik - Der Charme der Piraterie..

Im Krieg um die lukrativsten Handelsrouten der südlichen Meere haben die streitenden Parteien in den letzten Jahren einer nach dem anderen die Samthandschuhe ausgezogen. Die Piraterie auf den südlichen Schiffahrtswegen strebt einer neuen Blüte entgegen. Verschiedene politisch gewichtige Stimmen haben sich bereits offen oder hinter vorgehaltener Hand dafür ausgesprochen, eigene Kaperbriefe auszustellen und so mit anderen Handelsstädten des Südens gleich zu ziehen. In diesem Zusammenhang werden Stimmen aus dem Hafenviertel mit großem Interesse verfolgt, die von einer baldigen Ankunft von Käpt'n Kotze-Jochen und seiner blutrünstigen Mannschaft wissen wollen.

Wir erinnern uns, dass vor nicht allzu langer Zeit der berüchtige Pirat Feuerbart, auch bekannt als der Schlächter von Torrino, nach langer Jagd gefasst und mitsamt seiner Mannschaft in Baltopolis hingerichtet wurde. Teilen seiner Mannschaft gelang damals jedoch die Flucht.

Klatsch und Skandale

Aus einem zeitgenössischen Bericht eines anonymen Beobachters:

Lang waren die Gesichter der Gildenvorsteher, als sie zu diesem außerordentlichen Rat zusammentrafen. Und unruhig ihre Gedanken, gab es doch Gerüchte einer neuen Sekte, die sich des Nachts zu okulten Feiern treffen sollte. Hinter vorgehaltener Hand wurde berichtet, dass es am Rande der Stadt in den letzten Tagen zu unsäglichen Ausschweifungen, ja gar orgienhaften Ansammlungen gekommen sein soll und nun dass, ein Eifersuchtsmord. In den Gassen hallen die Worte von Untreue und Verrat wieder und die Ruhe der Stadt scheint sichtlich erschüttert. Doch die Teilnehmer sollen maskiert gewesen sein, ja gar der eine oder andere aus den hohen Häusern soll unter ihnen gewesen sein. Und wo ist der angebliche Tote?

Und so konnte man sich zu keiner Entscheidung durchringen, zumindest heute nicht, erst sollten weitere Berichte durch die Stadtwache erstellt und das Opfer gefunden werden. Und vielleicht ist ja alles gar nicht so schlimm...